Mittwoch, 18. August 2010

Der Weg nach Eldorado

Der Weg nach Eldorado ist ein Text von "Diet0r D0st" aus dem Jahr 2004, den er mir freundlicherweise für den Sturmblog zur Verfügung gestellt hatte.


Der Weg nach Eldorado

Er bewegte sich mit federnden Schritten neben mir die Straße herunter.
Das war so eine Marotte von ihm. Ich hatte ihn noch nie normal gehen sehen,
egal wie sein Gemütszustand sein mochte: er ging immer so.
Ich vermutete, das er damit versuchte besonders leger zu erscheinen.
Er war etwas kleiner als ich und benötigte deshalb mehr Schritte für die gleiche Strecke.
Ich persönlich konnte ihn noch nie besonders gut leiden.
In meinen Augen war er auf eine penetrante Art äußerst süffisant.
Aber darüber konnte ich in diesem speziellen Augenblick hinwegsehen, den für mich war das Ziel das ich mit ihm teilte das letzte dieser Art in meinem Leben.
Danach würde endgültig Schluss sein damit.

Der Regen wurde dichter, als wir an der nächsten Straßenkreuzung ankamen.
Mit einer raschen Handbewegung verwies er, ohne ein Wort zu verlieren, auf ein großes Haus das sich in einer Straße befand, die von rechts kommend in der Kreuzung mündete.
Es war ein Haus, das für mich in seinem Erscheinungsbild ein Charakteristikum der Stadt darstellte, in der es stand.
Es symbolisierte mit seiner pompös verzierten Fassade, die Affektiertheit und Dekadenz einer Stadt, dessen Einwohner größtenteils durch diese beiden Eigenschaften bekannt geworden waren.
Diese abstoßende Atmosphäre war schon spürbar als ich den ersten Fuß aus dem Zug auf den Bahnsteig gesetzt hatte.
Eine ganze Woche musste ich mich in der Lobby meines „fünf Sterne“ Hotels herumdrücken, bevor er mit mir in Kontakt trat, und weiß Gott, ich hatte genug vom mondänen Lebensstil und dem snobistischen Gehabe der Gäste.
Aber als noch abstoßender empfand ich dieses devote Verhalten der Bediensteten, denen es aber nie vollkommen gelang ihre perfiden Hintergedanken
vollends zu verbergen.
Aus diesem Grund war ich einigermaßen erleichtert als er vor mir stand, obwohl ich ihn, wie schon erwähnt nie richtig leiden konnte, und unsere letzte Zusammenkunft in mir unangenehme Erinnerungen weckte.
Das Treppenhaus roch muffig, und ließ darauf deuten, das die überdimensionalen Flügelfenster nur selten zum lüften genutzt wurden.
Aus der Wohnung im Souterrain konnte man ein hitziges Gespräch zwischen einem Mann und einer Frau war nehmen.
Das Appartement im Ersten Stock wurde offensichtlich nur als Büro genutzt.
Ich wartete im Vorraum, und konnte durch die halb geöffnete Tür sehen, wie er mit einem hageren Mann mittleren Alters redete, welcher am Fenster stand und auf den Trottoir herunterschaute.
Sie sprachen leise genug damit ich von der Unterhaltung nichts mitbekam.
Die Körpergestik der Person am Fenster erweckte erstmals Skepsis in mir.
Das hatte ich schon mal gesehen.
Krampfhaft versuchte ich mich zu erinnern, woher Ich diese markante Brille mit dem extravaganten Gestell kannte, aber es fiel mir nicht ein.
Wir verließen das Gebäude wieder ohne den hageren Mann.
Mein Begleiter warf mir den Zündschlüssel eines schwarzen Volvos zu, der vor dem Baldachin des Nachbarhauses parkte.
„Und die Tasche?“ fragte ich verwundert.
Er zeigte mit einem Lächeln, das jeglichen Charme missen ließ, auf den Kofferraum.
Während der Fahrt aus der Stadt dachte ich immer noch über das bebrillte Gesicht nach, das mir bedrohlich durch den Kopf geisterte.
Auf einem Fabrikgelände am Rande der Stadt brachte ich den Wagen zum stehen. Mit der Tasche in der Hand gingen wir auf eine Produktionshalle zu, die für unser Vorhaben geradezu prädestiniert schien.

Da fiel es mir wieder ein: Ich kannte den „bebrillten“ von einem Auftrag in Algerien vor etlichen Jahren.
Er wurde mir damals vorgestellt als derjenige der innerhalb der Organisation
für die „Personal Angelegenheiten“ zuständig war.
Mit dieser Erkenntnis betrat ich als erster die Halle, drehte mich zu meinem Begleiter um, und sah in seinem Grinsen wie seine gesamte angestaute Arroganz mir gegenüber zum Ausdruck kam.
In diesen Moment registriert ich das Profil einer Person rechts hinter mir...


Diet0r D0st (2004)

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